Inhaltsverzeichnis
- Was sind Auszugmarkierungen bzw. Entformungsriefen?
- Ursachen für Entformungsriefen
- Auswirkungen auf Produktqualität und Funktion
- Vermeidung von Auszugmarkierungen: Best Practices
- Werkstoffauswahl nicht vernachlässigen
- Fazit: Saubere Entformung ist planbar
Was sind Auszugmarkierungen bzw. Entformungsriefen?
Auszugmarkierungen – auch bekannt als Entformungsriefen – sind lineare Oberflächendefekte, die beim Auswurf von Kunststoffteilen aus dem Spritzgusswerkzeug entstehen. Sie erscheinen meist als feine, parallel zur Entformungsrichtung verlaufende Kratzer oder Schleifspuren. Besonders häufig treten sie auf senkrechten oder kaum geneigten Flächen auf und beeinträchtigen sowohl die Optik als auch die Funktionalität eines Teils.
Typische Symptome:
- Feine Kratzspuren entlang der Entformrichtung
- Glanzunterschiede oder matte Streifen
- Mikrorisse, Aufrauungen, Verformungen
Ursachen für Entformungsriefen
Die Entstehung von Auszugmarkierungen hat mehrere potenzielle Ursachen:
- Fehlende oder unzureichende Entformungsschrägen
Fehlen geneigte Flächen, wird das Bauteil mit hohem Widerstand aus dem Werkzeug gezogen, was die Oberfläche beschädigen kann. - Werkzeugverschleiß und Gratbildung
Abnutzungen oder Schäden im Werkzeug hinterlassen scharfe Kanten, die Material abtragen. - Adhäsion zwischen Bauteil und Werkzeug
Bestimmte Kunststoffe (z. B. TPE, TPU) haften stark an metallischen Werkzeugoberflächen, insbesondere bei Hochglanzpolitur. - Unausgewogene Werkzeugtemperierung
Temperaturunterschiede führen zu inhomogenem Schwindungsverhalten – das Bauteil „klemmt“ lokal. - Falsche oder zu wenige Auswerferstifte
Falsch platzierte oder zu wenige Stifte erzeugen punktuelle Belastung und erhöhen das Risiko für Riefen.
Auswirkungen auf Produktqualität und Funktion
Entformungsriefen sind nicht nur ein optischer Makel – sie können auch folgende Probleme verursachen:
- Qualitätsverlust bei Sichtteilen
- Undichtigkeiten an Passflächen
- Beeinträchtigung der Weiterverarbeitung (z. B. Lackieren)
- Reduzierte mechanische Festigkeit durch Mikrorisse
- Erhöhter Ausschuss oder Nacharbeitsaufwand
Vermeidung von Auszugmarkierungen: Best Practices
1. Entformungsschrägen richtig auslegen
| Texturtyp | Empfohlene Schräge |
|---|---|
| Hochglanz (SPI A1) | 0,5° – 1° |
| Matt | 1° – 2° |
| Strukturiert | ≥ 3° |
2. Werkzeugpflege & Politur
- Entgraten, Polieren, Einsätze tauschen
- Visuelle Kontrolle kritischer Bereiche (z. B. unter dem Mikroskop)
3. Beschichtungen
- DLC-Coatings und Gleitbeschichtungen minimieren Reibung und verlängern Werkzeugstandzeit
4. Temperaturmanagement
- Gleichmäßige Temperierung beugt Verzug und Klemmen vor
- Verwendung moderner Zonenregelungen
5. Auswerfkonzept optimieren
- Flächendeckende, symmetrische Auswerferstift-Verteilung
- Alternativen wie Luftausstoß oder Schiebkerne bei komplexen Geometrien
Werkstoffauswahl nicht vernachlässigen
Verschiedene Kunststoffe verhalten sich unterschiedlich beim Entformen:
| Werkstoff | Haftung an Werkzeug | Anfälligkeit für Riefen |
|---|---|---|
| PP | Gering | Gering |
| ABS | Mittel | Mittel |
| PA | Hoch | Hoch |
| TPE | Sehr hoch | Sehr hoch |
| PC | Mittel | Hoch |
Tipp: Trennmittel nur gezielt und temporär einsetzen – Rückstände können nachgelagerte Prozesse (z. B. Lackieren, Verkleben) stören.
Fazit: Saubere Entformung ist planbar
Auszugmarkierungen gehören zu den häufigsten Oberflächendefekten im Spritzguss – doch sie sind vermeidbar. Voraussetzung ist ein durchdachtes Zusammenspiel aus Design, Werkzeugtechnik, Materialauswahl und Prozessführung. Wer frühzeitig für die richtigen Entformungsschrägen, saubere Werkzeugoberflächen und eine optimale Temperaturführung sorgt, produziert langlebige, funktionale und optisch einwandfreie Bauteile – ganz ohne Riefen.
