Dieseleffekt (Brenner) erklärt| Glossar

Dieseleffekt (Brenner) im Spritzguss: Ursachen, Auswirkungen und Lösungen

Der sogenannte Dieseleffekt – im Spritzguss auch als Brenner bezeichnet – ist ein häufig auftretendes Fehlerbild in der Kunststoffverarbeitung. Er zählt zu den typischen Oberflächendefekten, die während des Spritzgießprozesses entstehen können und sowohl die ästhetischen als auch funktionalen Eigenschaften eines Bauteils erheblich beeinträchtigen. In diesem Glossareintrag erklären wir Ihnen, was genau hinter dem Begriff steckt, welche Ursachen dem Dieseleffekt zugrunde liegen, wie er sich vermeiden lässt und warum seine Kontrolle in der industriellen Fertigung so wichtig ist.

Was ist der Dieseleffekt im Spritzguss?

Der Dieseleffekt beschreibt eine lokale Verbrennung oder Zersetzung von Kunststoffmaterialien in der Form, die beim Einspritzen von Kunststoffmassen unter hohem Druck auftritt. Der Name rührt von der Analogie zum Dieselmotor: Wenn Luft in einer engen Kavität unter Druck steht und plötzlich durch das eindringende, heiße Kunststoffmaterial komprimiert wird, kann es zu einer spontanen Entzündung des Luft-Kunststoff-Gemischs kommen – ähnlich der Selbstzündung von Kraftstoff in einem Dieselmotor.

Diese lokale Verbrennung führt zu sichtbaren Verfärbungen, schwarzen Flecken, Einbrennungen oder gar Materialversprödungen im fertigen Kunststoffteil. Der Effekt ist oft durch einen scharf abgegrenzten, bräunlich bis schwarzen Rand erkennbar und tritt bevorzugt an dünnwandigen oder schwer zu entlüftenden Stellen der Kavität auf.

Wie entsteht der Dieseleffekt?

Die physikalische Grundlage des Dieseleffekts liegt in der adiabatischen Kompression von Luft in schlecht entlüfteten Bereichen der Spritzgießform. Wenn heiße Kunststoffschmelze mit hoher Geschwindigkeit auf diese Luft trifft, wird sie plötzlich komprimiert. Die Kompression führt zu einem starken Temperaturanstieg. Reicht die Temperatur aus, zündet die Luft-Schmelze-Mischung spontan und zersetzt oder verbrennt das Material lokal.

Ursachen im Überblick:

  • Unzureichende Entlüftung der Werkzeugkavität

  • Zu hohe Einspritzgeschwindigkeit

  • Falsche Werkzeugkonstruktion, z. B. tote Ecken oder schlecht erreichbare Geometrien

  • Verunreinigungen in der Schmelze oder im Werkzeug

  • Übermäßiger Druckaufbau in Engstellen oder Hinterschneidungen

  • Luftpolster, die beim Werkzeugschließen eingeschlossen werden

Welche Materialien sind besonders betroffen?

Prinzipiell kann der Dieseleffekt bei allen thermoplastischen Kunststoffen auftreten, jedoch sind bestimmte Werkstoffe besonders empfindlich. Dies gilt insbesondere für:

  • Polyamid (PA) – neigt stark zur Vergilbung bei Überhitzung

  • Polycarbonat (PC) – zersetzt sich unter Hitzeeinwirkung sichtbar

  • ABS – zeigt frühzeitig thermische Schäden

  • Technische Kunststoffe mit Flammschutzmitteln – hier können beim Brenner auch toxische Dämpfe entstehen

Die thermische Stabilität des Materials sowie die Fließeigenschaften spielen eine große Rolle bei der Entstehung des Brenners.

Wie äußert sich der Brenner im fertigen Bauteil?

Die typischen Merkmale eines Dieseleffekts im Bauteil sind:

  • Schwarze, verbrannte Stellen

  • Gelbliche oder bräunliche Verfärbungen

  • Oberflächenrisse oder Versprödungen

  • Verminderte mechanische Festigkeit

  • Unangenehmer Geruch am Bauteil oder in der Fertigungsumgebung

  • In extremen Fällen: Austritt von Rauch oder Flammen beim Öffnen der Form

Je nach Anwendung und Einsatzgebiet kann ein solcher Fehler zur vollständigen Ausschussware führen – insbesondere bei sichtbaren Kunststoffteilen, z. B. im Automotive-, Konsumgüter- oder Medizintechnikbereich.

Welche Gefahren birgt der Dieseleffekt?

Neben Qualitätsmängeln birgt der Dieseleffekt auch sicherheitstechnische Risiken:

  • Gesundheitsrisiko durch freigesetzte Zersetzungsprodukte

  • Verschleiß oder Beschädigung der Spritzgießform durch punktuelle Hitzeeinwirkung

  • Schleichende Materialversprödung, die erst im späteren Einsatz zum Versagen führt

  • Produktionsausfälle durch erhöhten Ausschuss oder Nacharbeit

Eine frühzeitige Identifikation und systematische Vermeidung sind daher nicht nur aus Qualitätssicht wichtig, sondern auch im Hinblick auf Prozesssicherheit und Wirtschaftlichkeit.

Wie kann man den Dieseleffekt vermeiden?

Die Vermeidung des Dieseleffekts im Spritzguss erfordert ein Zusammenspiel aus Werkzeugtechnik, Prozessführung und Materialkenntnis. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:

1. Optimierung der Werkzeugentlüftung

Die Entlüftung der Kavität ist der wichtigste Hebel zur Vermeidung von Dieseleffekten. Mögliche Maßnahmen:

  • Einbringen von Entlüftungsschlitzen (typ. 0,01–0,02 mm tief)

  • Einsatz von Gasventilen oder Vakuumtechnik

  • Regelmäßige Reinigung der Entlüftungskanäle

2. Anpassung der Einspritzparameter

Eine zu hohe Einspritzgeschwindigkeit erhöht die Kompressionswirkung der Luft. Empfehlenswert:

  • Reduzierung der Einspritzgeschwindigkeit

  • Anpassung des Nachdruckprofils

  • Kontrolle der Massevortemperierung

3. Werkzeugkonstruktion überarbeiten

Bauteil- und Formkonstruktion haben erheblichen Einfluss auf die Luftführung. Tipps:

  • Vermeidung von toten Ecken

  • Keine unnötigen Hinterschneidungen

  • Bauteile so gestalten, dass die Luft nach außen entweichen kann

4. Materialverarbeitung prüfen

  • Einsatz von getrocknetem und homogenisiertem Material

  • Vermeidung von Fremdstoffen oder Rückständen

  • Temperaturführung im Zylinder und in der Düse sorgfältig abstimmen

5. Sensorik und Überwachung

Moderne Spritzgießanlagen bieten die Möglichkeit, den Prozess mit Drucksensoren, Temperatursensorik oder Kamerasystemen zu überwachen. Dies ermöglicht die frühzeitige Erkennung von Brennerbildung und deren Ursachen.

Welche Rolle spielt das Werkzeugdesign?

Ein präzise ausgelegtes Werkzeug ist die Grundlage für einen prozesssicheren Spritzguss ohne Dieseleffekt. Besonders bei komplexen Geometrien und filigranen Bauteilen muss die Luftführung beim Füllen exakt geplant werden. Moderne Simulationstools wie Moldflow oder Sigmasoft helfen, mögliche Risikoareale bereits im Vorfeld zu identifizieren und zu eliminieren.

Wichtige Designprinzipien:

  • Durchdachte Anspritzpositionen

  • Gleichmäßige Fließfronten

  • Segmentierte Entlüftungsbereiche

  • Temperierkanäle zur gezielten Wärmeabfuhr

Ist der Dieseleffekt mit dem Einfallstellen-Phänomen vergleichbar?

Nein, obwohl beide Effekte visuelle Oberflächenfehler darstellen, sind sie unterschiedlich in Ursache und Auswirkung:

  • Dieseleffekt (Brenner): entsteht durch Luftkompression und spontane Verbrennung → führt zu schwarzen oder braunen Flecken

  • Einfallstellen: entstehen durch Volumenschrumpfung in zu massiven Bereichen → zeigen sich als Vertiefungen oder matte Stellen

Während Einfallstellen meist „harmlos“ und rein optisch störend sind, kann der Brenner ein ernstes Qualitätsproblem mit funktionaler Auswirkung darstellen.

Fazit: Kontrolle des Dieseleffekts als Qualitätsmerkmal

Der Dieseleffekt oder „Brenner“ ist ein ernstzunehmender Fehler im Spritzguss, der durch hohe Temperaturen infolge von Luftkompression entsteht. Die Folgen sind sichtbare Materialschäden, Funktionseinschränkungen oder sogar sicherheitsrelevante Risiken. Eine wirksame Vermeidung erfordert Know-how in Werkzeugkonstruktion, Materialverarbeitung und Prozessführung.

Mit präzise ausgelegten Entlüftungen, angepassten Einspritzprofilen und systematischer Prozessüberwachung lassen sich Dieseleffekte jedoch zuverlässig vermeiden. In einer modernen Serienproduktion gilt die Kontrolle des Brenners als ein wichtiges Qualitätsmerkmal für professionellen Spritzguss.

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